Hygiene auf Veranstaltungen

10.06.2020

Hygieneplan Eventbranche

Nach dem wochenlangen Shutdown erlauben die Bundesländer die ersten Veranstaltungen. Allerdings geht es derzeit nur in kleinen Schritten voran. Zwischenzeitlich hat man als eines der größten Probleme erkannt: Das längere Zusammensein auf engem Raum.

Vieles ist unklar, insbesondere: Welche Beschränkungen wird es in den nächsten Monaten geben? Meiner Meinung nach ist derzeit nur eines sicher: Ohne Hygieneplan keine Veranstaltung.

Hygieneplan

Veranstalter und/oder Betreiber von Versammlungsstätten werden einen Hygieneplan brauchen. Ggf. ist der Hygieneplan auch mit den zuständigen Behörden abzustimmen oder dort für die Genehmigung einzureichen. D.h. man kommt nicht darum herum, sich mit dem Thema Hygiene auseinanderzusetzen, da in den Landesverordnungen auch empfindliche Bußgelder bei Verstößen drohen.

Zunächst gibt es die Vorgaben der Bundesländer bzw. zuständigen Behörden. Dann gibt es die Verantwortung des Veranstalters, für die Umsetzung und ggf. notwendige weitere Maßnahmen zu sorgen. Daneben sind auch Arbeitgeber für den Gesundheitsschutz ihrer Beschäftigten verantwortlich. Und letztlich gibt es die Eigenverantwortung u.a. des Besuchers.

Das Problem: Eine Veranstaltung plant sich nicht von heute auf morgen, oftmals sind mehrere Wochen oder Monate Planungszeit notwendig. Die Pandemie aber nimmt darauf keine Rücksicht: Sie kommt und geht, sie wird stärker und schwächer. Dementsprechend ändern sich auch die Vorgaben und Restriktionen der Behörden.

D.h. nur weil mit heutigem Stand Veranstaltungen bspw. im Oktober erlaubt sind, heißt das nicht, dass sich die Situation wenige Tage davor dramatisch verändern kann. Zusätzlich zu den üblichen Herausforderungen kommt nun pandemiebedingt eine weitere Herausforderung hinzu: Der Veranstalter muss auf Schwankungen der Umstände reagieren. Ein starrer Plan hilft also nicht weiter. Aufgrund dieser Dynamik ergeben sich einige Fragen, z.B.:

  • Was tun, wenn der ursprünglich gemietete Raum zu klein oder zu groß ist?
  • Was tun, wenn man bereits alle Eintrittskarten verkauft hat, aber man darf plötzlich nur noch die Hälfte der Teilnehmer einlassen?
  • Was tun, wenn die Kalkulation von anderen, positiveren Umständen ausgegangen ist?
  • Was tun, wenn neben einer Verringerung der Teilnehmerzahl mehr Personal notwendig wird, das zusätzliche Maßnahmen umzusetzen hilft?

Ein Beispiel: Vermutlich werden die Bundesländer verlangen, dass der Veranstalter und/oder der Betreiber der Versammlungsstätte darauf hinwirken soll, dass der Mindestabstand von 1,5 Metern eingehalten wird. Nur: Wie aktiv muss diese Maßnahme durchgesetzt werden? Was passiert, wenn sich Besucher trotz Ermahnung nicht daran halten? In einem Hygieneplan müssen also zunächst die Aufgaben definiert, und dann die möglichen Eskalationsstufen festgelegt werden: Beginnend bei einem Aushang, bis hin zur Ausübung des Hausrechts. Die Mitarbeiter müssen in diese Eskalationsstufen unterwiesen werden, es muss geprüft werden, welche Maßnahmen möglich bzw. notwendig sind, um nicht die eigenen Mitarbeiter zu gefährden.

Ein anderes Beispiel: Vermutlich werden die Bundesländer auch verlangen, dass Personen mit Erkältungssymptomen nicht teilnehmen dürfen. Hier muss man sich auch im Vorfeld überlegen, wie man damit umgeht, wenn ein Gast hustet… oder auch, wenn ein Mitarbeiter Symptome zeigt: Denn es könnten auch Krankheitssymptome sein, die nichts mit Corona zu tun haben, aber die Vorschrift schreibt das trotzdem vor: Es sollte dabei auch bedacht werden, wie man vorgeht, wenn bspw. ein Mitarbeiter mit einer leitenden Funktion auf der Veranstaltung Krankheitssymptome aufweist.

D.h. bereits im Planungsprozess müssen frühzeitig die Möglichkeiten einer Veränderung identifiziert und berücksichtigt werden.

Ein großes Thema wird die Höhere Gewalt bleiben: Denn wie geht man bspw. mit einem Mietvertrag um, wenn durch die Abstandsregeln weniger Teilnehmer zugelassen werden dürfen, als im Mietvertrag ursprünglich vorgesehen? Erfüllt dann der Vermieter seine Pflichten nicht, d.h. kann er sich auf Höhere Gewalt berufen? Ich kann nur empfehlen: Bei neuen Verträgen sollten derlei Fragen unbedingt geklärt werden. Bei bestehenden Verträgen kann man versuchen, nachzuverhandeln – ansonsten ist Streit vorprogrammiert.

Hygiene-Compliance

Letztlich entwickelt sich damit auch eine „Hygiene-Compliance“, die Unternehmen zur Erstellung von Hygieneplänen verpflichtet, zusammen mit den für deren Umsetzung notwendigen technischen und organisatorischen Maßnahmen.

Die Rechtsgrundlagen für eine Hygiene-Compliance ergibt sich aus:

  • Aus arbeitsschutzrechtlichen Pflichten gegenüber den Beschäftigten,
  • aus nebenvertraglichen Pflichten gegenüber Geschäftspartnern,
  • aus infektionsschutzrechtlichen Pflichten gegenüber der Allgemeinheit.

Vor dem Hintergrund der §§ 30, 130 Ordnungswidrigkeitengesetz tut ein Unternehmen also gut daran, das Hygiene-Thema nicht unter den Tisch fallen zu lassen.

Das gilt umso mehr, als dass der Gesetzgeber derzeit das sog. Verbandssanktionengesetz vorbereitet: Wenn das in Kraft tritt (wann das der Fall sein wird, ist derzeit noch unbekannt), dann droht einem Unternehmen (nicht von „Verband“ ablenken lassen!) neben empfindlichen Bußgeldern (bei kleinen Unternehmen bis zu 10 Mio. Euro) auch ein staatsanwaltliches Ermittlungsverfahren – dann, wenn fehlende Strukturen Rechtsverstöße begünstigen.

Außerdem: Der Bundesgerichtshof hat vor einiger Zeit entschieden, dass Verstöße gegen Arbeitsschutzvorschriften nicht durch Wettbewerber abgemahnt werden dürften: Denn Arbeitsschutz beziehe sich nur auf das enge Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, und würde also Dritte nicht unmittelbar betreffen. Anders ist das aber jetzt beim Infektionsschutz: Hier geht es um den Schutz der Bevölkerung bzw. um Seuchenbekämpfung, weshalb Abmahnungen unter Wettbewerbern drohen, wenn geltende Regeln zur Hygiene nicht eingehalten werden.

 

 

Thomas Waetke, eventfaq Thomas Waetke & Timo Schutt GbR

Rechtsanwalt, Karlsruhe

www.eventfaq.de


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